Thermalwasserbohrung mit Schwierigkeiten – Solidarhaftung von Projektleiter, Brunnenfirma und Pumpenlieferant

Im Jahr 1994 entschloss sich die Marktgemeinde Bad Pirawarth (spätere Klägerin) ein Kurhaus zu errichten. Zu diesem Zweck betraute man am 18.2.1995 einen Geologen (später Drittbeklagter im Prozess) mit der Projektleitung zur Erschließung der Heilwasservorkommen. In Folge engagierte dieser im Auftrag der Gemeinde mehrere Firmen, welche die notwendigen Gewerke nach dem Stand der Technik und mit größter Sorgfalt erfüllen sollten. Die Bohrung in eine Tiefe von rund 900 m, die Verrohrung und die Erschließung der Heilquelle gingen problemlos vonstatten. Zu bemerken ist, dass sich diese Bohrung mit zunehmender Tiefe verengt. Plangemäß kam es in einer Tiefe von 270m zu einer Reduktion des Durchmessers mit einem Rohrübergang. Diese Reduzierung des Durchmessers war allen Beteiligten bekannt.

Der Projektleiter beauftragte den Pumpenlieferanten (später Zweitbeklagter) mit der Anfertigung der benötigten Unterwasserpumpe zur Förderung des Heilwassers und ein erfahrenes Unternehmen (später Erstbeklagter) mit dem Einbau der Pumpe. Zunächst übermittelte der Projektleiter falsche Abmessungen für die Pumpe. Darauf wurde die falsche – mit zu großen Durchmesser – Pumpe ohne Datenblatt geliefert. Der Brunnenbauer (Erstbeklagte) überprüfte die Pumpe bei Übernahme nicht ordentlich. Der Projektleiter (Drittbeklagte) hielt es nicht einmal für notwendig, bei der Anlieferung persönlich anwesend zu sein. Beim Einbau am 27.10. 1997 blieb die Unterwasserpumpe im Brunnenrohr „stecken“. Die aufwendigen Berge- und Reparaturarbeiten kosteten in der Folge mehr als 300.000 Euro.

Wer ist verantwortlich und haftet – zu welchen Anteilen – für diesen Schaden? (Gewährleistung, Mangelfolgeschäden)

Der schwierige Sachverhalt wurde zunächst in einem Beweissicherungsverfahren vor dem BG Gänserndorf im Jahre 1998 festgestellt. Im Sommer 2000 wurde von der Marktgemeinde Bad Pirawarth mangels Zahlung Klage gegen den Brunnenbauer, Lieferanten der Pumpe und Projektleiter erhoben. Ein gerichtlich beeideter Sachverständiger hat die notwendigen technischen Voraussetzungen für das Gericht erarbeitet und die Fehler aufgezeigt. Aufgrund dieser Ergebnisse sollte ein Vergleich geschlossen werden, was am 23.9.2004 durch Widerruf des Projektleiters und des Lieferanten der Pumpe endgültig scheiterte, da sich keiner mit der Verschuldensteilung und davon abhängigen Anteil am Ersatz des Schadens abfinden wollte. Das Urteil des Landesgerichts Korneuburg wurde am 15.8.2005 gefällt. Es erkannte, dass die Zuordnung des Schaden bzw. der Schadenteile unmöglich ist, da die Fehler aller Beklagten mehrfach ineinander greifen und so alle drei solidarisch (jeder für den gesamten Schaden) haften. (§ 1302 2. Satz 2. Fall ABGB) .

Die Beklagten legten Berufung ein. Das Oberlandesgericht Wien bestätigte in allen Punkten die Entscheidung des Landesgerichts Korneuburg. Der Fall fand im Februar 2006 sein juristisches Ende.

Rückblickend waren es 3 Jahre und 4 Monate (40 Monate) vom Projektbeginn (1994) bis zur Inbetriebnahme der Pumpe (1997), insgesamt aber 8 Jahre (1998) und 4 Monate (100 Monate) (2006) bis endgültig geklärt wurde, wer den Schaden für die Sanierungsarbeiten trägt. Nur aufgrund der umsichtigen Beauftragung bei der Projektabwicklung, insbesondere der Bestellung eines verantwortlichen Projektleiters und dem Eingehen des Prozessrisikos konnte für die Marktgemeinde Bad Pirawarth im März 2006 der Betrag von EUR 400.269,68 (darin enthalten allein EUR 98.207,85 an Zinsen) und der Ersatz aller Prozesskosten hereingebracht werden.

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